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Game Changer - Flanke oder Pass in der Bundesliga?

Es gibt viele Fussballweisheiten. Eine davon lautet:


Über die Flügel spielen, bis zur Grundlinie durchkombinieren und dann hoch in den Strafraum flanken.

Dieses Erfolgsrezept kann man unterdessen als überholt und falsch bezeichnen.



The game has changed

Das folgende Beispiel aus der NBA verdeutlicht auf eindrückliche Art und Weise, wie sich im Verlauf der Zeit zwischen 2001 und 2020 das Spiel in der NBA, auch dank den Datenanalysten, verändert hat.


Dirk Goldsberry hat für seine Grafik unzählige Daten verarbeitet und analysiert und danach die Erkenntnis auf eine einfache Art und Weise visualisiert. Die Visualisierung und Aussage ist ein echter Augenöffner.


Dirk Goldsberry - the game has changed

Im Verlauf der Zeit wurden in der NBA die riskanten Einpunkt-Würfe kontinuierlich eliminiert. Entweder Dreipunkt-Würfe oder einfache Einpunkt-Würfe. Wenig bis Nichts dazwischen. Die Position der Schussabgabe im Fussball hat in den letzten Jahren eine ähnliche Veränderung durchgemacht.


Die Fähigkeit Datenberge zu analysieren, zu interpretieren und dann auf eine einfache und kompakte Aussage herunterzubrechen und zu reduzieren, ist für einen Datenanalysten unbezahlbar. Mehr zu Visualisierung der Daten und Storytelling findet ihr in unserem Blog Fünf Fussball Data Analytics Tipps.



Entwicklung des Flanken-Volumen Bundesliga bis 2021-22

Verschiedene Analysen haben in Vergangenheit gezeigt, dass Flanken sehr oft als Angriffsmittel verwendet werden. Die Anzahl Flanken pro Team lagen in den 2000er Jahren durchschnittlich im Bereich von 15-20 pro Spiel.

Möglicherweise kommt die Flügel-Flanken-Weisheit daher, dass man auf den Flügeln oft mehr Raum zum Bespielen vorfindet und eine mögliche Flanke von der Grundlinie in den Rücken der Abwehr und in den Lauf der Angreifer geschlagen werden kann.


Schauen wir uns zuerst bei den Bundesliga Spitzenteams die Entwicklung des Flanken-Volumen pro Spiel seit der Saison 2015-16 an.


Bundesliga crosses volume Data:Wyscout

In der Saison 2015-16 hatte Bayern München mit 20 Flanken pro Spiel die höchste Quote. Dagegen hatte Gladbach mit nur 10 Flanken die tiefste. Dies kann mit der taktischen Ausrichtung der Teams erklärt werden. Klar ist, dass ein Team mit viel Ballbesitz potentiell sich auch mehr Möglichkeiten zum Flanken erarbeitet.


Viel interessanter ist aber die Entwicklung innerhalb eines Teams über längere Zeit zu beobachten.



Weniger Flanken in der aktuellen 2021-22 Saison - Der Nagelsmann & Seoane Effekt Seit der Saison 2019-20 ist bei den meisten Team eine abnehmende Flanken Tendenz festzustellen. Es wird in der Summe weniger geflankt. In der aktuellen 2021-22 Saison sind die Flanken aller Teams, ausser Leipzig, bisher abnehmend. Dies auch bei Teams die sehr starke Kopfballspieler in ihre Reihen haben. Vor allem Bayern München und Leverkusen haben in der aktuellen Saison eine starke Flanken-Abnahme zu verzeichnen. Hier kann man von einer veränderten Spielstrategie sprechen bzw vom Nagelsmann und Seoane Effekt.




Flanken oder Pässe - Was ist erfolgreicher?

Mit der heutigen Erhebung der Daten ist es ein Kindespiel die Hypothese "Flanken ist das beste Angriffsrezept" zu validieren.


Statistisch gesehen benötigt ein Team im Schnitt ungefähr 30-40 Flanken, um ein Tor zu erzielen. Dies entspricht einer Erfolgsquote von nur 2.5 bis 3.5% Prozent. Dass dabei in ca. 75% der Fälle der Ball verlorengeht, ist gravierender und wird oft ausser Acht gelassen.


Zusätzlich können Teams mit einer 3er-Abwehr das Zentrum besser besetzen. Die kompakte Verteidigung kann im Strafraum-Zentrum eine Überzahl herstellen, die die Erfolgsaussichten einer Flanke deutlich reduziert.


Viele Teams haben unterdessen, auch aufgrund der Datenanalysen, ihre Strategie angepasst. Man versucht weniger mit Flanken, sondern immer mehr durch Flachpässe in den Strafraum zu gelangen. The game has changed.


Als "partita zero" oder Augenöffner kann das Barrage-Spiel für de WM2018 zwischen Italien und Schweden im Jahr 2017 bezeichnet werden. Italien schlug in diesem Spiel gegen die hochgewachsenen schwedischen Verteidiger ganze 51 Flanken, ohne jedoch ein Tor zu erzielen. Mit dem 0:0 qualifizierten sich schliesslich die Schweden für die Weltmeisterschaft.


Damit kommen wir und wohl auch Nagelsmann und Seoane datenvalidiert zum Schluss:


Die Flanke ist ein Hochrisiko-Pass


Flanke oder Pass - Erfolgsquoten

Michael Caley hat im 2013 in einer Arbeit die Erfolgsraten von Schüssen und Kopfbällen nach Flanken untersucht. Als Datenbasis hat er alle Premier League Spiele der Saison 2009-2013 analysiert. Dabei kam er zum Schluss, dass in jeder Abschlusszone innerhalb des Strafraums die Torwahrscheinlichkeit eines Schusses deutlich höher ist, als die nach einer Flanke gefolgt von einem Kopfball.


Selbstverständlich auch, weil nach einem angekommenen Flachpass die Aktion weiterlaufen kann und noch besser postierte Mitspieler involviert werden können. Während nach einem Kopfball der Ballverlust am wahrscheinlichsten ist. Der Vorteil der Flanke bleibt, dass man dafür weniger Aufwand und Risiko aufwenden muss.



Bundesliga Teams passen ihr Angriffsverhalten an

Vorbei ist die Zeit als die Teams bei jeder Möglichkeit eine Flanke in den Strafraum schlugen. Auch bei schwächeren Teams wird die Flanke allmählich zur Ausnahme. Die Mannschaften wägen die Option Flanke oder Pass behutsam ab. Die Flanke ist sozusagen Ultima Ratio. Immer weniger Teams schlagen einfach bei jeder Chance Gebetsflanken oder Konterflanken in den Strafraum, in der Hoffnung, dass sich ihr Stürmer gegen drei Verteidiger durchsetzt. Und dabei auch noch ein Tor erzielt.


Im Verlauf der Zeit hat sich zudem der Ort, von dem aus Flanken geschlagen werden, und auch die Flugbahn des Balles im Vergleich zu früher verändert. Die in Richtung Tor drehenden Hereingaben haben deutlich zugenommen, vor allem bei Teams, mit inversen Flügeln oder Aussenverteidigern. Und wenn geflankt wird, dann nicht mehr von der Grundlinie nahe der Eckfahne.


Auch der scharfe und flache Pass/Schuss in die Mitte ist eine gute Option, da man von zweiten Bällen profitieren kann. Auch den Versuch die Hand des Gegenspielers zu treffen, sieht man immer öfters.




Analyse Bundesliga Teams 2021-22 - Pass oder Flanke

In den letzten Jahren hat sich der Anteil zwischen Flanken und Pässen in den Strafraum kontinuierlich verändert. Schauen wir uns Daten der aktuellen Bundesliga Saison 2021-22 an.

Im folgenden Diagramm ist, unabhängig vom Volumen der Teams, der Anteil zwischen Flanken und Pässe in den Strafraum visualisiert. Dabei wird unsere Wahrnehmung, dass viel mehr gepasst als geflankt wird, bestätigt..



Pass oder Flanke Bundesliga 2021-22 (data:Wyscout)

Über alles betrachtet hat sich in den letzten Jahren der "Pässe in den Strafraum"-Anteil gegenüber den Flanken kontinuierlich vergrössert. Die Vorteile sind evident. Der Ballempfänger kann den Ball viel besser kontrollieren, den Ball halten, viel einfacher und erfolgsversprechenden auf Tor schiessen oder den Ball auf einfacher Art und Weise zu einem Mitspieler weiterpassen. Zudem resultierten daraus viel weniger Ballverluste und potentielle Konter.


Freiburg ist in der laufenden Saison das Team mit der höchsten Flankenquote. Um in den Strafraum zu gelangen, verwendet der SC Freiburg zu einem Drittel (34%) eine Flanke und zu zwei Drittel (66%) einen Pass. Und Freiburg ist mit nur 34% das Team mit der höchsten Flankenquote.


Mit Köln, Wolfsburg, Union Berlin und Hoffenheim folgen Teams, die auch noch zu über 30% Flanken anwenden. D.h. dass bei diesen Mannschaften schon in zwei von drei Fällen der Pass verwendet wird.


In der "gemischten Zone" folgen Frankfurt, Bochum, Augsburg, Leipzig; Greuther Fürth, Arminia Bielefeld und Stuttgart die einen Passanteil von 71% bis 74% haben. D.h. dass schon in drei von vier Fällen der Pass gespielt wird.


Danach folgen mit Hertha BSC, Mainz 05, Bayer Leverkusen, Borussia M'gladbach, bei deinen die Flanken noch rarer werden. Diese Teams verwenden zu ca. 77% den Pass um in den Strafraum zu gelangen. Die Flanke wird nur noch verwendet, wenn eine offensichtliche Erfolgsaussicht oder keine Alternative besteht.


Fast bei allem Teams kann man auch festhalten, dass sich auch die Art der Flanken verändert hat. Die klassische hohe Gebetsflanke ist in den Fussballstadien immer weniger anzufinden. Abgelöst wurde sie durch scharfe Halbfeld-Flanken oder scharfen Aufsetzer-Flanken die viel schwieriger zu verteidigen sind.


Im obersten Teil der Grafik sind schlussendlich Borussia Dortmund und Bayern München zu finden. Beide benutzen in fast 80% der Fälle den Pass, um in den Strafraum zu gelangen. Die Flanke ist zu einer Ausnahme geworden. Obwohl beide Teams herausragende Kopfballspieler in ihren Reihen haben.

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Flankenvolumen pro Spiel bewegt sich von zwanzig auf zehn zu In den letzten zehn Jahren lagen die durchschnittliche Anzahl Flanken näher bei 20 als bei 10. Heutzutage aber bei vielen Teams näher bei 10 als bei 20. The game has changed. Das abnehmende Flanken-Volumen und die Erhöhung des Pass-Anteils bei fast allen Teams, lässt uns zu folgendem Fazit kommen:


Die Flanke wird nur noch bei Alternativlosigkeit oder hoher Erfolgsaussicht verwendet. Sie ist nicht passé, aber die erfolgsversprechenste Flanke ist der Flachpass.

Und das schont auch die Hirnzellen :-)

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